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Sie haben die passenden Qualifikationen, sind einem Jobwechsel nicht grundsätzlich abgeneigt – und reagieren trotzdem nicht auf Ihre Stellenausschreibungen. Die Rede ist von den sogenannten passiven Kandidat*innen. Per gezielter Direktansprache, auch als Active Sourcing bekannt, lassen sich solche Angestellte durchaus zu einem Wechsel in Ihr Unternehmen bewegen.
Darauf kommt es bei der Direktansprache passiver Kandidat*innen an:
Passive Kandidat*innen erfordern aktive Personaler*innen
Je begehrter die Fähigkeiten einer Fachkraft sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass diese genau dann auf Jobsuche ist, wenn Sie sie brauchen. Lässt die Resonanz auf Ihre Stellenangebote zu wünschen übrig, ist Umdenken gefragt: Wenn die Bewerber*innen nicht auf Sie zukommen, müssen Sie aktiv auf passive Kandidat*innen zugehen. Diese auch als latent suchende oder latent wechselwillige Kandidat*innen bzw. Bewerber*innen bezeichnete Gruppe, lässt sich durch herkömmliche Recruiting-Maßnahmen oft nicht ansprechen.
Wobei die Bezeichnung Bewerber*innen irreführend ist. Denn genau das tun eben jene Personen gerade nicht – sich bewerben. Sie suchen nicht aktiv nach einem neuen Job und nehmen die Angebote Ihres Unternehmens womöglich nicht einmal wahr. Das hat nicht unbedingt mit ihrer Loyalität zum aktuellen Arbeitgebender zu tun. Bewerbungen sind zeitaufwendig und lästig, sodass vielen Beschäftigten schlichtweg die Motivation fehlt, sich aktiv mit dem Thema Jobwechsel auseinanderzusetzen. Zumindest, solange Sie mit ihrer beruflichen Situation halbwegs zufrieden sind. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie nicht offen für ein besseres Angebot wären. Ein anderer Grund für die abwartende Haltung von qualifizierten Fachkräften kann darin liegen, dass sie sich selbst noch nicht im Klaren darüber sind, was genau sie sich im Job eigentlich wünschen.
Auch die Konkurrenz setzt auf Direktansprache
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieser Pool an latent Wechselwilligen Unternehmen mit Personalbedarf enorme Chancen bietet: Sie müssen passiven Kandidat*innen nur ein überzeugendes Angebot unterbreiten. Das ist allerdings einfacher gesagt als getan. Denn zum einem hat sich der Arbeitsmarkt längst zum Bewerber*innenmarkt gewandelt. Viele Unternehmen setzen im War for Talents bereits auf Direktansprache von Kandiat*innen. Die Folge: Fachkräfte mit begehrten Fähigkeiten erhalten reihenweise Anfragen von Unternehmen. Ihr Angebot sollte deshalb herausstechen. Doch worauf kommt es dabei an?
Interessante passive Kandidat*innen finden – aber wo?
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Direktansprache ist, dass Ihr Angebot für die Zielpersonen tatsächlich relevant ist. Und die gilt es erst einmal zu identifizieren. Passive Bewerber*innen lassen sich nicht immer am “Offen für Angebote”-Status für eine Direktansprache auf Xing und LinkedIn ausfindig machen. Hier ist Recherchearbeit gefragt.
- Suchen Sie in sozialen Netzwerken nach Personen mit den benötigten Qualifikationen, die bereits geraume Zeit bei ihrem aktuellen Arbeitgeber beschäftigt sind. Wer gerade erst gewechselt hat, ist in der Regel weniger offen für Angebote.
- Finden Sie heraus, wo sich potenziell geeignete Kandidat*innen aufhalten, etwa auf branchenspezifischen Plattformen, Social Media jenseits der bekannten Business-Netzwerke und sprechen Sie dort ( ggf. auch automatisiert über Anzeigen) relevante Personen an.
- Fragen Sie in Ihren eigenen Netzwerken und auch in der Belegschaft nach Empfehlungen.
- Ehemalige Mitarbeitende und frühere Bewerber*innen können ebenfalls eine gute Option sein. Hier zahlt sich das Unterhalten und die gewissenhafte Pflege eines eigenen Talent-Pools aus. Dieser ist für eine effiziente Active-Sourcing-Strategie ohnehin unverzichtbar.
Direktansprache darf nicht störend sein
Für qualifizierte Fachkräfte sind Anfragen von Recruiter*innen und Headhunter*innen inzwischen beinahe so alltäglich wie Werbenachrichten. Und letztlich ist die Direktansprache nichts anderes als Werbung – von einem Unternehmen, das einen Job anpreist. Und wie bei Werbung gilt: Wenn sie Empfänger*innen nervt oder unglaubwürdig ist, schadet sie der (Arbeitgeber-)Marke mehr als sie nützt.
Bei der Direktansprache beanspruchen Sie ungefragt die Zeit der potenziellen Kandidat*innen. Halten Sie die Kontaktaufnahme daher möglichst kurz, aber konkret und auf den Punkt. Vermeiden Sie es zudem, passive Bewerber*innen an deren aktuellem Arbeitsplatz zu kontaktieren. Anrufe während üblicher Bürozeiten, womöglich über die geschäftliche Nummer, oder E-Mails an die Firmenadresse können Ihre Wunschkandidat*innen in Erklärungsnot bringen.
Wie Sie passive Bewerber*innen überzeugen
Recruiting per Direktansprache erfordert ein Umdenken bei der Kommunikation. Wie in einer Stellenanzeige die Position, die Anforderungen und die Benefits zu beschreiben, reicht nicht aus. Um passive Kandidat*innen dazu zu bewegen, die Sicherheit ihres aktuellen Jobs aufzugeben, müssen Sie überzeugende Angebote machen. So gelingt es:
- Rücken Sie Kandidat*innen-Bedürfnisse in den Fokus: Welche Vorteile kann Ihr Unternehmen bieten, die der aktuelle Arbeitgeber nicht leisten kann? Welchen Mehrwert hätte ein Wechsel? Ein wettbewerbsfähiges Gehalt ist nach wie vor ein überzeugender Faktor. Aber auch Aspekte wie größere Gestaltungsfreiräume oder schnelle Aufstiegsmöglichkeiten können überzeugen. Insbesondere, wenn Ihr*e Wunschkandidat*in beruflich seit längerer Zeit auf der Stelle tritt. Vollständige Remote-Lösungen und flexiblere Arbeitszeiten sind ebenfalls ein schlagkräftiges Argument.
- Begeistern Sie für die Position und das Unternehmen: Erklären Sie, warum Sie der Meinung sind, dass die Position perfekt zum*zur Angesprochenen passt. Welche Skills können eingesetzt und entwickelt werden? Wie profitiert er*sie davon? Warum würde er*sie gut ins Unternehmen passen? Was zeichnet Ihre Unternehmenskultur aus? Eine persönliche Ebene ist dabei elementar. Daher sollten Sie immer individuell vorgehen und keine vorgefertigten Muster für die Ansprache verwenden. Überzeugen Sie mit authentischer Begeisterung.
- Angebote niedrigschwellig und ohne Zeitdruck halten: Ihr*e Kandidat*in ist möglicherweise passiv, weil er*sie bislang keine Zeit oder Motivation hatte, eine Bewerbungsmappe zu erstellen. Fordern Sie daher nur die Unterlagen an, die Ihnen wirklich wichtig sind. Für viele Bewerber*innen ist das Verfassen eines Anschreibens besonders unangenehm. Wenn es Ihnen keinen expliziten Mehrwert liefert, sollten Sie darauf verzichten. Schließlich haben Sie den ersten Schritt gemacht.
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