Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Sie ist jung, Türkin und wurde in Deutschland geboren – heute ist sie Vice President Permanent Placement D/CH sowie Managing Director für die Region Stuttgart bei Robert Half: Emine Yilmaz (34) koordiniert für den deutschsprachigen Raum das Global Women's Employee Network (GWEN) im Unternehmen. Im Gespräch erklärt sie, warum ein solches Netzwerk nicht nur für die Mitarbeitenden ein großer Vorteil ist.

Warum ist das Employee Network GWEN entstanden?

Robert Half hat dieses Netzwerk gegründet, um zunächst Gleichberechtigung und Diversität im eigenen Unternehmen ein stärkeres Fundament zu geben. Begonnen hat das Ganze im ersten Jahr der Pandemie in den USA, denn da war ein deutlicher Bruch in der Entwicklung von weiblichen Führungskräften zu spüren. Wie wir auch in Deutschland gesehen haben, hat die Pandemie einen erhöhten Arbeitsdruck vor allem auf Frauen ausgeübt. Viele mussten plötzlich eine Doppelbelastung von Familie und Beruf schultern, die nicht wenige in den Burnout getrieben hat.

Umfragen zeigten, dass beispielsweise eine von drei Müttern während der Pandemie überlegte, komplett aus dem Berufsleben auszusteigen – fatal, wenn man bedenkt, dass damit teils hoch qualifizierte Fachkräfte den Markt einfach verlassen. Der Grundgedanke von GWEN ist daher bis heute: Wie können wir diese Frauen sowie Frauen generell in ihrer Karriere unterstützen? Denn noch immer ist beispielsweise der Anteil von Männern und Frauen in Führungspositionen nicht ausgeglichen, ebenso wie die Gender Pay Gap.

Wie genau kann ein Employee Network Mitarbeitende in Unternehmen generell unterstützen? Was sind die Vorteile?

Ziel eines Employee Networks sollte sein, Mitarbeitende unterrepräsentierter Gruppen sei es in einem Unternehmen oder auch über Unternehmen hinweg zu vertreten und miteinander zu vernetzen. Die Vorteile sind reichhaltig: Mitglieder sind in ihrer Situation nicht mehr nur auf sich gestellt. Sie haben die Chance auf andere in vergleichbaren Situationen zu treffen, können sich regelmäßig austauschen, Erfahrungen und Tipps teilen, und bei Bedarf tatkräftige Unterstützung erhalten.

Auch GWEN wurde nicht mit der Intension ins Leben gerufen, ausschließlich ein Business-Netzwerk für Frauen zu sein. Vielmehr stand von Beginn an fest, dass sich das Netzwerk mit allen Facetten von Diversität oder Inklusion befassen soll. Wichtige Themen, die in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit immer stärker an Bedeutung gewonnen haben und inzwischen auch in Unternehmen und vor allem auf Geschäftsführungsebene angekommen sind.

Bei Robert Half wollen wir nicht nur darüber sprechen, sondern diese Themen intern leben. Das sieht man daran, dass wir viele weibliche Führungskräfte haben und insgesamt ein sehr diverses Unternehmen sind. Gleichzeitig möchten wir mit GWEN als Beispiel vorangehen und andere Unternehmen ermutigen, solchen Netzwerken beizutreten oder diese als interne Maßnahme zu gründen. 

Mit welchen Aktionen unterstützt GWEN seine Mitglieder?

Unter anderem veranstalten wir Podiumsdiskussionen und Infoabende, eröffnen Möglichkeiten zur Weiterbildung, vermitteln Ansprechpartner*innen und Mentor*innen. All das dient dem Empowerment der Mitglieder und soll künftig weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus soll es perspektivisch Unternehmensprogramme geben und das globale Networking von Grund auf gestärkt werden. Ziel ist eine weltweite Gemeinschaft von GWEN-Mitgliedern mit einzelnen Ortsverbänden.

Dabei ist es uns wichtig, nicht nur unsere eigenen Erfahrungen und Learnings zu teilen, sondern das Network auch für andere Unternehmen zu öffnen, um den Mehrwert insgesamt zu fördern. Denn tatsächlich bringt es nicht nur den betroffenen Gruppen große Vorteile im Hinblick auf ihr Leben und ihre Karriere. Vor allem teilnehmende Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden ein derartiges Netzwerk zur Verfügung stellen, profitieren deutlich und nachhaltig davon.

Inwiefern ist ein Netzwerk wie GWEN auch für Unternehmen ein Gewinn? 

Netzwerke dieser Art führen zu einer größeren Zufriedenheit unter den Mitarbeitenden, Stichwort: Mitarbeiterbindung. Denn wenn unterrepräsentierte Gruppen in einem Unternehmen gesehen, angenommen und wertgeschätzt werden, spiegelt sich das auch in der Motivation und Arbeit wider. Diese Form des Empowerments kann somit unmittelbar ein Unternehmen stärken und leistungsfähiger machen.

Des Weiteren sind Employee Networks eine gute Möglichkeit, um als Arbeitgeber auf dem Markt für Bewerbende attraktiver zu werden. Allgemein sind Fairness und Gerechtigkeit wichtige Punkte in Unternehmensprogrammen, und genau dafür steht GWEN.

Gerade in den vergangenen Monaten und Jahren sind verstärkt Unternehmen auf uns zugekommen, die sich fragen, was sie tun können, um mehr qualifizierte Fachkräfte anzuziehen. Hier kann ein Netzwerk wie GWEN zu einem wichtigen Element der Hiring-Strategie werden.

Was kann ein gutes Employee Network im „War of Talent” bewirken?

In Zeiten des Fachkräftemangels, der sich noch weiter verschärfen dürfte, haben Unternehmen bekanntlich Schwierigkeiten, gute Mitarbeitende für sich zu gewinnen. Für die Hiring-Strategie muss es heute somit mehr denn je essenziell sein, sich nicht nur auf einen bestimmten Bewerberpool zu konzentrieren. Mit dem gewollten Blick in die Breite und über den Tellerrand hinaus eröffnen sich Unternehmen im „War for Talent“ nicht nur deutlich mehr Kandidat*innen. Sie erhöhen ihre Chancen die am besten passende Person für die verfügbare Position zu finden. 

Manchmal haben sich vielleicht unbewusst in Unternehmen bestimmte Strukturen über Jahre eingeschliffen. Beispielsweise, dass Männer vermehrt in Führungsrollen gehen und Frauen in Teilzeit arbeiten, weil sie sich zusätzlich zum Beruf um Familie und Kinder kümmern. Diese Stigmen lassen sich natürlich nicht von heute auf morgen überwinden. Aber es gilt, Step-by-Step zu zeigen, dass es andere Wege gibt und diese erfolgreich sind. 

So sollten sich Unternehmen trauen und gezielt versuchen, unterrepräsentierte Gruppen für sich zu gewinnen. Exerzieren wir den Gedanken an der folgenden Fragestellung: Wie wäre es, wenn beispielsweise eine Frau aufgrund ihrer passgenauen Fähigkeiten und Erfahrung die ausgeschriebene Führungsposition übernimmt, obwohl sie Mutter ist? Wie müssten die Rahmenbedingungen sein? Im Erfolgsfall gewinnt das Unternehmen eine hoch qualifizierte Fachkraft und aufgrund ihrer Zufriedenheit im Job – weil sie Familie und Karriere optimal verbinden kann – sich in der Folge besonders engagiert. 

Warum haben Sie sich persönlich entschlossen, bei GWEN mitzumachen?

Zunächst einmal vertrete ich ja im Grunde gleich mehrere unterrepräsentierte Gruppen: Ich bin eine Frau, Türkin, in Deutschland geboren, jung – und Führungskraft in einer immer noch sehr männerdominierten Branche. Aber ich habe bei Robert Half durchweg positive Erfahrungen gemacht, wurde immer gleichberechtigt behandelt und in meiner Arbeit unterstützt. Ich hatte das Glück, einen Vorgesetzten zu haben, der sehr offen ist und mich in meinen Ambitionen bestärkt. Mein Alltag oder meine Religion haben nie eine Rolle gespielt.

Mittlerweile bin ich acht Jahre bei Robert Half und schon seit Längerem eine Führungskraft, die andere Führungskräfte entwickelt. Und dabei ist es mir ein großes Anliegen, meine eigenen positiven Erfahrungen an andere weiterzugeben. Ich möchte bewusst Menschen dabei unterstützen, zum Erfolg zu kommen. Wenn ich sehe, dass jemand, egal welcher Hautfarbe, Geschlecht oder Religion, sich engagiert und Karriere machen möchte, dann unterstütze ich das! Und aus eben diesem Grund ist GWEN für mich eine Herzensangelegenheit.

Personalanfrage senden


Robert Half ist ein globaler, spezialisierter Anbieter von Talentlösungen. Wir unterstützen Bewerber bei ihrem nächsten Karriereschritt und Unternehmen bei der Suche nach Zeitarbeitskräften, Mitarbeitern in Festanstellung und Freelancern im Finanz- und Rechnungswesen, in der IT und im kaufmännischen Bereich. Darüber hinaus bieten wir Executive Search für die Vermittlung von Führungskräften. Zur Unternehmensgruppe Robert Half gehört Protiviti, ein globales Beratungsunternehmen. Gemeinsam bieten die Unternehmen Managed Solutions für verschiedene Projekte an.