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Arbeiten Beschäftigte im Home-Office, kann der persönliche Kontakt zu ihnen manchmal abbrechen. Nicht nur dann ist indirekte Führung gefragt, auch darüber hinaus vereinfacht dieser Führungsstil Abläufe und verschafft Entscheidungsträgern mehr Zeit. Wie Führungskräfte die Methode einsetzen können, erfahren Sie hier.

Direkte und indirekte Führung: Das ist der Unterschied

Der Stellenwert von Remote Work ist aufgrund der Corona-Pandemie und der Digitalisierung in den vergangenen Jahren stark gestiegen. So ist es heute fast schon alltäglich, dass viele Mitarbeitende zu Hause im Home-Office sitzen oder von anderen bürofernen Standorten aus tätig sind. Auf diese neue Situation musste sich nicht nur die Belegschaft einstellen, sondern auch das Management. Denn Remote Work bedeutet für Führungskräfte Remote Leadership (auch Distance Leadership genannt). Das erfordert von ihnen eine Art der Teamführung, die eigentlich immer sinnvoll ist, aber oft vernachlässigt wird: indirekte Führung.

Doch was genau versteht man darunter? Neben der direkten Führung ist die indirekte Führung per Definition ein grundsätzliches Instrument zur Steuerung von Unternehmen respektive von Mitarbeitenden. Für ein besseres Verständnis und eine einfachere Unterscheidung der beiden Methoden stellen wir sie beide kurz vor.

Direkte Führung bedeutet, dass die Teamleitung unmittelbar auf die Mitglieder der Abteilung einwirkt. Dies geschieht beispielsweise mittels folgender Maßnahmen:

  • Anweisungen und Informationen
  • Lob und Kritik
  • Überzeugungsarbeit
  • Beratung
  • Hilfestellung
  • Vorbildfunktion
  • Mitarbeitergespräche
  • Zielvereinbarungen
  • Kontrolle

Indirekte Führung hingegen beeinflusst die Beschäftigten mittelbar. Dafür kommen Werkzeuge infrage wie:

  • Organisationsstrukturen
  • langfristige Strategien
  • Personalauswahl
  • Teamentwicklung
  • Systeme (z. B. für Information, Kommunikation, Kontrollen)
  • Gestaltung des Arbeitsumfeldes
  • Regelung von Arbeitsabläufen und Prozessen
  • vertrauensbildende Maßnahmen
  • Unternehmenskultur

Während also direkte Führung das Verhalten von Beschäftigten ohne Umwege beeinflusst und kontrolliert, wirkt die indirekte Führung subtiler, gibt eher Richtlinien statt konkreter Ziele vor und hat letztlich das selbstständige Arbeiten der Beschäftigten zum Ziel. Beide Methoden haben ihre Vorteile. Besonders effektiv ist es allerdings, direkte und indirekte Führung zu kombinieren.

Indirekte Führung schafft Kapazitäten

Praktisch alle Unternehmen wenden direkte Führung an. Das ist auf den ersten Blick naheliegend, weil die Methode konkreten Einfluss der Leitungsebene auf die Mitarbeitenden und somit eine permanente Kontrolle erlaubt. Damit, so der Gedanke dahinter, lassen sich beispielsweise Projekte besser überwachen und steuern. Das Prinzip ist einfach, hierarchisch klar gegliedert und damit übersichtlich: Hier die Anweisung der Führungskräfte, dort die Ausführung der Teammitglieder.

Allerdings hat diese althergebrachte Methode auch Nachteile. Sie bindet viel Arbeitskraft im Management, weil dieses stark in operative Abläufe involviert ist. Damit fehlen dem Management Kapazitäten für wichtigere, strategische Aufgaben. Indirekte Führung schafft hier Entlastung, denn sie gibt den Beschäftigten einen Rahmen vor, indem sie weitgehend eigenständig agieren können. Grundlage sind motivierende Ideen, Überzeugungen und Vorstellungen, die ihnen seitens der Unternehmensleitung vermittelt werden. Den Unterschied zum direkten Führen mag nachfolgendes Zitat aus dem Buch „Der kleine Prinz” von Antoine de Saint-Exupéry verdeutlichen:

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Wer seine Teammitglieder aufgrund dieser Erkenntnis anspornen kann, braucht sich nicht mehr um jede Einzelheit zu kümmern, sondern delegiert auf elegante und effektive Weise – und erleichtert sich selbst die Arbeit. Deshalb spielt der Begriff „Leading Simple” im Zusammenhang mit indirekter Führung eine große Rolle. Denn damit laufen viele Prozesse bis zu einem gewissen Grad ohne Eingreifen seitens des Managements ab. Voraussetzung dafür sind geeignete Leitlinien, die die Leitungsebene vorgeben muss. Am besten spielt indirekte Führung ihre Vorteile dann aus, wenn sie strukturiert und strategisch umgesetzt wird.

Leading Simple: So gelingt indirekte Führung

Wie der Einsatz von indirekter Führung im Sinne von Leading Simple gelingen kann, beschreibt der Sachbuchautor Boris Grundl. Für ihn kommt es auf fünf wesentliche Faktoren an.

  1. Grundlage für indirektes Führen sind demnach Systeme, die Prozesse in einzelnen Abteilungen oder ganzen Unternehmen organisieren. Gemeint sind damit Richtlinien, Standards oder Anleitungen, die Mitarbeitenden für die Erledigung ihrer Aufgaben einen zielführenden Korridor vorgeben, und zwar derart, dass Eingriffe seitens ihrer Vorgesetzten weitgehend überflüssig sind. Diese Systeme sollten so aufgebaut sein, dass auch unerfahrene Mitarbeitende sich damit schnell einarbeiten können. Führungskräfte müssen hierfür eine organisatorische Basis schaffen, die sich an den Erfordernissen und den Zielen der Aufgaben orientieren. Steht der Entwurf dazu, suchen sie Kandidat*innen, die am besten für die Ausführung geeignet sind. Bewährt sich das System, sollte daraus ein Handbuch entstehen, an dem sich die Beteiligten in ihrem Arbeitsalltag orientieren können.
  2. Um die Systeme mit Leben zu füllen, sollten Führungskräfte den Unternehmenszweck vermitteln. Dazu gehören unter anderem die Ziele, die Haltung, die Mission, die Leitgedanken und die Positionierung ihrer Organisation. Anhand dieser Kriterien lernen die Beschäftigten ihr Unternehmen besser kennen und identifizieren sich leichter damit. Das stärkt die Motivation und fördert die Eigenverantwortung.
  3. Indirektes Führen setzt auch weitgehendes Delegieren voraus. Erst durch das Übertragen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten ergeben sich die Freiräume, die das Management für seine übergeordneten Pflichten braucht. Dazu müssen die betreffenden Mitarbeitenden zunächst ertüchtigt werden. Nur dann können sie die gewünschten Ziele aus eigener Kraft zuverlässig erreichen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Beschäftigten nicht überqualifiziert sind, da sonst ihr Potenzial verschenkt würde.
  4. Wer gut und sinnvoll delegieren will, braucht nicht nur die passenden Kandidat*innen, sondern muss diese auch mit den zu erreichenden Ergebnissen vertraut machen. Andernfalls können sie nicht wissen, worauf es bei ihren Aufgaben ankommt. Deshalb sollten Führungskräfte mit ihnen gemeinsam eine sogenannte ergebnisorientierte Aufgabenbeschreibung (EOA) formulieren. Damit kann die Erledigung stets zielorientiert nach klar vorgegebenen Abläufen erfolgen.
  5. Auch indirekte Führung kommt nicht ohne Kontrolle und Kennzahlen aus. Beides sollte allerdings eher subtil eingesetzt werden, denn sobald sie als Ausdruck von Misstrauen wirken, erzeugen sie Widerstand. Die Kunst hierbei ist, die Mittel der Überwachung als Orientierungshilfe für die Beschäftigten einzusetzen. So zeigen Kennzahlen, an welchen Stellen noch Nachholbedarf besteht, aber auch, wo bereits gut gearbeitet worden ist.

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