Die Arbeitswelt hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie einschneidend verändert. Und das Rad wird sich auch nach überstandener Pandemie kaum zurückdrehen lassen. Arbeitsweisen, die ursprünglich womöglich nur als temporäre Lösungen gedacht waren, entwickeln sich vielfach zu neuen Standards. Das erfordert neue Kompetenzen in der Belegschaft.
In diesem Beitrag lesen Sie:
- Fachliche Kompetenzen bleiben wichtig, neue kommen hinzu
- Wer braucht welche Kompetenzen? Beispiele für hybride Skillsets
- Nichts überstürzen! Belegschaften mit hybriden Skills planvoll aufbauen
Fachliche Kompetenzen bleiben wichtig, neue kommen hinzu
Viele Jobs können von überall auf der Welt aus erledigt werden und Belegschaften müssen nicht zwingend komplett vor Ort sein. Das ist für viele Unternehmen eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Pandemie-Jahr 2020. Inzwischen ist es fast normal, dass ein Teil der Angestellten aus dem Home-Office und ein Teil des Teams im Büro sitzt. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, auch nach überstandener Corona-Pandemie beide Arbeitsorte miteinander kombinieren zu können.
Ihre Chancen darauf stehen gut: 86 % der Entscheider in deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass das hybride Arbeiten, also die Kombination von Arbeitskräften vor Ort und remote, ein fester Bestandteil der Arbeitswelt bleiben wird. Das zeigt der aktuelle Arbeitsmarkt-Report von Robert Half, der in Zusammenarbeit mit dem Analyseunternehmen Burning Glass Technologies erstellt wurde. Was diese Studie außerdem deutlich macht: Dadurch ändern sich die Anforderungen an Mitarbeiter. Hybrides Arbeiten erfordert offenbar ein neues, hybrides Skillset. Die Auswertung von Stellenausschreibungen deckte zwei große Trends auf:
- höhere Nachfrage nach interpersonellen Fähigkeiten in technischen Positionen und umgekehrt
- gestiegener Bedarf an technischen Kompetenzen und IT-Skills im Marketing und bei administrativen Tätigkeiten
Sven Hennige, Deutschland-Chef bei Robert Half, spricht im Interview mit dem FINANCE Magazin darüber, wie sich die Zusammenarbeit im Team durch Corona verändert hat:
Fachliche Fähigkeiten bleiben natürlich elementar. Aber beim hybriden Arbeiten sind zusätzliche Skills gefragt. Oft handelt es sich um Kompetenzen, die traditionell eher in anderen Tätigkeitsbereichen verortet wurden. Nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch das erforderliche Skillset wird also mehr oder weniger hybrid.
Wer braucht welche Kompetenzen? Beispiele für hybride Skillsets
Wie genau sehen solche hybriden Skillsets in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen aus? Welche Fähigkeiten werden in welchen Positionen in einer hybriden Arbeitswelt stärker nachgefragt? Dazu hat die Analyse der Stellenanzeigen einige interessante Beispiele zu Tage gebracht.
- Technologiesektor: Grundsätzlich gewinnen kommunikative Skills für IT-Profis enorm an Bedeutung, da sie immer stärker team- und auch kundenorientiert arbeiten. Hybride Fähigkeiten werden vor allem in folgenden Positionen gefordert:
- Systemanalysten mit Kundenkontakt (+ 290 %)
- Systemadministratoren, die gerne im Team arbeiten (+ 167 %)
- F&E-Manager, die Teamkommunikation unterstützen (+ 49 %)
- Finanz- und Rechnungswesen: Dass ausgerechnet in diesem zahlengetriebenen Bereich Kreativität, Veränderungsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit einmal gefragte Skills werden, hätten sich Buchhalter aus vergangenen Zeiten kaum träumen lassen. Neben diesen Fähigkeiten sollten Zahlenprofis in hybriden Unternehmen auch team- und kundenorientiert arbeiten können. Gesucht werden unter anderem:
- Buchhalter, die Aufgaben in der Kundenbetreuung übernehmen (+ 88 %)
- Management- und Organisationsanalysten, die Teamleitungen übernehmen (+ 66 %)
- Geschäftsführer und CEOs, die sich an unterschiedliche Rollen anpassen (+ 33 %)
- Assistenz und kaufmännischer Bereich: In den analysierten Stellenanzeigen wurden im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie deutlich mehr technische Skills nachgefragt. Und zwar in den verschiedensten Bereichen, von IT-Anwenderkenntnissen bis hin zu Programmierkenntnissen. Beispiele für gefragte hybride Arbeitskräfte in diesem Bereich:
- Office Manager, die mit Datenbanken umgehen können (+ 29 %)
- Sekretäre mit Buchhaltungskenntnissen (+ 21 %)
- Assistenten, die analytisch denken (+ 9 %)
Nichts überstürzen! Belegschaften mit hybriden Skills planvoll aufbauen
Zugegeben: Einige der genannten “hybriden Skillsets” waren schon begehrt bevor das Coronavirus die Arbeitswelt durcheinandergewirbelt hat – beispielsweise IT-Profis mit ausgeprägten Soft Skills. Doch im Zuge der Pandemie haben sich die Prioritäten vieler Unternehmen verschoben. Ganz oben auf der Agenda für die erste Jahreshälfte 2021 stehen
- Kostenmanagement (50 %)
- Identifizierung neuer Wachstumsmöglichkeiten (49 %)
- Investitionen in neue Technologien (45 %)
Es geht also nicht nur um Erholung und Aufschwung nach der Krise, sondern auch darum, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Und dazu braucht es entsprechend vielseitig qualifizierte Arbeitskräfte, wie die ausgewerteten Stellenangebote zeigen. Aber auch wenn solche Kandidaten extrem begehrt sind, ist es nicht ratsam, in Aktionismus zu verfallen und möglichst schnell mit dem Rekrutieren zu beginnen.
Zielführender ist ein planvolles Vorgehen in fünf Schritten, um eine Belegschaft mit hybriden Fähigkeiten aufzubauen:
- Geschäftsziele und Prioritäten evaluieren: Damit Sie die passende Mannschaft anheuern können, muss klar sein, wohin die Reise geht. Was steht an und was wird dafür an Kompetenzen, Technologien, Infrastruktur und Budget benötigt? Dieser Schritt ist besonders bei digitalen Transformationsprojekten elementar.
- Qualifikationslücken aufdecken: Evaluieren Sie vorhandene Fähigkeiten und anstehende Aufgaben in einem Audit. Schlüsselkompetenzen wie Flexibilität und Beweglichkeit, kreatives Denken und emotionale Intelligenz Ihrer Mitarbeiter bewerten Sie dabei anhand hypothetischer Szenarien. Außerdem sollten Sie vorhandene Positionen nach Überlappungen hinsichtlich der Qualifikationen überprüfen. Dadurch lassen sich Rollen klarer abgrenzen und effizienter gestalten.
- Personalstrategie planen: Auf Basis des Kompetenz-Audits bestimmen Sie, welche Positionen und welche Kompetenzen aktuell und langfristig benötigt werden.
- Externe Unterstützung mitdenken: Nicht alle kurzfristig dringend erforderlichen Kompetenzen werden unbedingt dauerhaft im Unternehmen benötigt. Prüfen Sie daher, ob sich aktuelle Qualifikationslücken mit temporären Kräften, etwa Interim Managern, schließen lassen. Möglicherweise lassen sich sogar ganze Bereiche durch Managed-Service-Lösungen kosteneffizienter halten.
- Reskilling etablieren: Viele Arbeitnehmer haben sich während der Pandemie ganz automatisch neue, hybride Skills angeeignet. Das Konzept des lebenslangen Lernens ist in der Arbeitswelt nicht neu, hat aber durch die disruptiven Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit erheblich an Bedeutung gewonnen. Verankern Sie es fest in Ihrer Unternehmenskultur und fördern Sie die Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeiter aktiv. Damit stellen Sie sich nicht nur zukunftssicher auf, sondern zahlen gleichzeitig auch noch auf die Mitarbeiterbindung ein.
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Bildquelle: © Alvaro Reyes - Unsplash.com