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Gehalt scheint im War for Talents das wichtigste Mittel zu sein, um Bewerber*innen zu überzeugen. Entsprechend bekommen neue Mitarbeiter*innen oft mehr Geld als angestammte, wie eine Studie von Robert Half zeigt. Warum diese Entwicklung schlimmstenfalls das Gehaltsgefüge in Unternehmen gefährden kann – und wie sich das verhindern lässt, lesen Sie hier.

Studie zeigt: Neue Mitarbeiter*innen bekommen mehr Gehalt

Das Thema Gehalt beschäftigt viele Unternehmen aktuell stärker denn je, wie eine aktuelle Arbeitsmarktstudie von Robert Half verdeutlicht. Um im War for Talents Fachkräfte zu gewinnen, zahlt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (56 %) neuen Mitarbeiter*innen ein höheres Gehalt als bereits länger angestellten Kolleg*innen auf vergleichbaren Positionen.

Verdienen die Neuen von Anfang an mehr, kann das riskant sein. Spätestens wenn die Alten den Unterschied auf dem Lohnzettel bemerken, macht sich womöglich unter ihnen Unmut breit und es könnten im Handumdrehen weitere Gehaltsgespräche anstehen. Im schlimmsten Fall verlassen langjährige Mitarbeiter*innen frustriert das Unternehmen und Sie müssen sich um die Neubesetzung der Stelle kümmern.

Dem lässt sich nur gegensteuern, indem sich die Führungskräfte das bestehende Gehaltsgefüge im Unternehmen insgesamt anschauen – und genau das tun die meisten der befragten Manager. Laut Umfrage plant die Hälfte, die Löhne der Beschäftigten in der nächsten Gehaltsrunde auf das Niveau der Neulinge anzuheben. 37 Prozent wollen die Gehaltsbänder sogar unmittelbar angleichen.

Diese allgemeine Entwicklung der Gehaltsgefüge in Deutschland spiegelt übrigens einen europaweiten Trend wider, wie ein Vergleich der Zahlen zeigt: 59 Prozent der Unternehmen zahlen neuen Mitarbeitern höhere Gehälter, 55 Prozent streben eine Gehaltsanpassung für bestehende Mitarbeiter*innen an, 34 Prozent von ihnen wollen dies direkt umsetzen.

Besonders Mittelstand in der Bredouille

Durchschnittlich planen Deutschlands Unternehmen fünf Prozent mehr Gehaltsbudget für 2022 ein, wie das Handelsblatt berichtet. Das stellt eine deutliche Steigerung dar – vor allem in Kombination mit den aktuell ebenfalls gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und Transport. Auf lange Sicht stellt sich die Frage, wie hoch die Lohnsteigerungen ausfallen können, ohne für Unternehmen zu einem Problem zu werden. Es gibt bereits Stimmen, die vor einer Gehaltsblase warnen. Demnach sind in Branchen wie IT oder Controlling die Einkommen deutlich in die Höhe geschossen. Teilweise liegen die Gehälter dort um ein Viertel höher als vor der Pandemie.

Diese Entwicklung bringt gerade kleinere oder mittelständische Firmen oft in die Bredouille: Um konkurrenzfähig zu bleiben, benötigen sie dringend gut ausgebildete Fachkräfte, verfügen aber in der Regel nicht über die finanzielle Power von Großkonzernen.

Bei aller Personalnot sollten sie jedoch nicht den Fehler begehen, bei Neueinstellungen unverhältnismäßig hohe Gehaltssprünge zu gewähren. Mögliche Folgen wären:

  • Gehaltsbänder müssten durchgehend auf das hohe Lohnniveau angepasst werden, um Neid unter Kolleg*innen zu vermeiden.
  • Das Gehaltsgefüge wird irgendwann zum Verlustgeschäft.
  • Das Unternehmen kann sich weniger teure Expert*innen leisten als es eigentlich braucht, um beispielsweise Innovationen voranzutreiben.

Unternehmen im außertariflichen Bereich haben oft etwas breitere Vergütungsbänder mit mehr Spielraum, um die Gehälter zu definieren.

Anders stellt sich die Situation bei tarifgebundenen Unternehmen dar, in denen Positionen anhand bestimmter Parameter bewertet werden. Hier wäre es fatal, eine ausgeschriebene Stelle um eine oder mehrere Tarifgruppen aufzuwerten. Denn das könnte das gesamte Tarifgefüge im Unternehmen ins Wanken bringen. Alternativ bieten sich hier außer- bzw. übertarifliche Einmalzahlungen an, die bei Bedarf gewährt werden können.

Gehalt ist nicht alles: Was sonst noch zählt

So schwierig die Suche nach hochspezialisierten Fachkräften sein mag: Für Personalverantwortliche und Führungskräfte gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und von bisweilen exorbitanten Gehaltsforderungen mancher Bewerber*innen nicht auf die Gesamtsituation zu schließen. Denn es zeigt sich immer wieder, dass sich die subjektive Wahrnehmung vom reellen Markt unterscheidet. Häufig beziehen sich die Angaben der Kandidat*innen auf die Spitze der branchenüblichen Gehälter, der durchschnittliche Lohn für entsprechende Positionen ist indes um einiges niedriger.

Statt auf Dauer untragbar hohe Einstiegsgehälter zu gewähren, können sich Unternehmen auch auf andere Weise attraktiv für Bewerber*innen positionieren. Zum Beispiel mit einem auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Vergütungspaket, das vertraglich vereinbart wird.

Darin enthalten: Alles, was im weitesten Sinne zu einer ausgewogenen Work-Life-Balance beiträgt. Zum Beispiel folgende Benefits:

  • eine hohe Flexibilität im Hinblick auf Arbeitszeit und -ort
  • Mobilitätsangebot: Ob Jobticket, Dienstwagen oder -fahrrad
  • zusätzliche Urlaubstage
  • Einkaufs- und Dienstleistungsservices, die den Alltag erleichtern
  • ein dienstliches Smartphone, das auch privat genutzt werden kann
  • hochwertige Weiterbildungsangebote

Auch mit einer leistungsgerechten Vergütung, vereinbarten Einmalzahlungen oder Boni lassen sich sehr hohe Lohnforderungen beantworten, ohne die Gehaltsspirale in schwindelerregende Höhen zu treiben.

Zudem spielen die Unternehmenskultur sowie das allgemeine Image eine wichtige Rolle, gerade für die viel umworbenen Young Professionals. Unternehmen, die sich sozial engagieren, erfolgreiches Diversity-Management betreiben oder sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, sind als Arbeitgeber besonders beliebt – auch wenn dort vielleicht das Gehalt nicht ganz so hoch sein mag wie anderswo.

Sie möchten sich einen Überblick über die marktüblichen Gehälter in Ihrer Branche verschaffen? Erfahren Sie mehr in unserer Gehaltsübersicht.

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Bildquelle: © saltsup- unsplash.com


Robert Half ist ein globaler, spezialisierter Anbieter von Talentlösungen. Wir unterstützen Bewerber bei ihrem nächsten Karriereschritt und Unternehmen bei der Suche nach Zeitarbeitskräften, Mitarbeitern in Festanstellung und Freelancern im Finanz- und Rechnungswesen, in der IT und im kaufmännischen Bereich. Darüber hinaus bieten wir Executive Search für die Vermittlung von Führungskräften. Zur Unternehmensgruppe Robert Half gehört Protiviti, ein globales Beratungsunternehmen. Gemeinsam bieten die Unternehmen Managed Solutions für verschiedene Projekte an.