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Wer ein höheres Gehalt will, muss vor allem gut verhandeln? Nicht nur! Selbstverständlich spielt das Verhandlungsgeschick eine Rolle. Es gibt aber noch einige weitere Stellschrauben, an denen Sie drehen können, um langfristig mehr Geld zu verdienen. Das Ergebnis ist nicht immer sofort auf dem Konto spürbar, sorgt aber auf lange Sicht dafür, dass Sie irgendwann auf einem höheren Level verhandeln.

Natürlich ist das Gehalt eine höchst individuelle Sache. Wie viel wir verdienen, hängt stark davon ab, was wir beruflich machen, wie viel Verantwortung wir im Job tragen und auch davon, wie gut wir verhandelt haben. Dennoch lassen sich einige grundsätzliche Dinge festmachen, die die Gehaltshöhe innerhalb einer Berufsgruppe maßgeblich beeinflussen. Eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2021 hat zutage gebracht, dass es vor allen von diesen Faktoren abhängt, wie viel Gehalt für Arbeitnehmer*innen drin ist:

  • Anforderungen und erforderliche Qualifikation: Klar: Je anspruchsvoller eine Tätigkeit ist, desto besser wird sie bezahlt. In Jobs, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist, fallen Gehälter naturgemäß höher aus als bei Tätigkeiten, für die prinzipiell jede*r angelernt werden kann. Und ein abgeschlossenes Studium bringt noch einmal ein deutlich größeres Gehaltsplus.
  • Geschlecht: Das Problem des Gender-Pay-Gaps ist nach wie vor nicht überwunden. Der Auswertung des WSI zufolge verdienen Frauen immer noch 8 % weniger als Männer in vergleichbaren Positionen.
  • Unternehmensgröße: Je kleiner das Unternehmen, desto niedriger ist das Gehaltsniveau üblicherweise.
  • Arbeitsort: Metropole oder ländliche Region, Ost oder West – es gibt teilweise recht deutliche regionale Lohnunterschiede.
  • Tarifbindung des Arbeitgebers: Mit Tarifvertrag zahlen Unternehmen durchschnittlich 11 % höhere Gehälter.

Auch wenn nicht alles allein in Ihrer Hand liegt oder nicht von jetzt auf gleich veränderbar ist: Mit diesen Faktoren im Hinterkopf und strategisch klugen Karriereentscheidungen können Sie langfristig Ihr Gehalt erhöhen. 

1. Neue Qualifikationen erwerben

Sie müssen nicht zwingend noch ein Studium nachlegen, um endlich mehr Geld zu verdienen. Ein akademischer Abschluss wird üblicherweise beim Einstieg ins Berufsleben mit höheren Gehältern honoriert. Doch wenn Sie bereits einige Jahre im Job sind, verliert der Ausbildungsabschluss zunehmend an Bedeutung. Stattdessen zählt vor allem relevante Berufserfahrung. Auch durch Ausweitung Ihres Aufgabenbereichs und Weiterbildungen erwerben sie zusätzliche Qualifikationen, die langfristig für ein höheres Gehalt sorgen.

Allerdings zieht sich ein niedriges Einstiegsgehalt leider trotz aller praktischen Erfahrungen meist wie ein Rattenschwanz über die nächsten Karrierestufen. Zumindest, solange Sie im selben Unternehmen bleiben. Denn das Einstiegsgehalt ist nun einmal die Basis, auf der Sie alle künftigen Gehaltserhöhungen verhandeln.

2. Job auch mal wechseln

Deshalb sind Jobwechsel ein wichtiger Faktor, um das persönliche Gehaltsniveau langfristig zu steigern. Denn hier verhandeln Sie Ihr Einstiegsgehalt neu – auf Grundlage Ihrer aktuellen Erfahrungen und Qualifikationen. Rein rechtlich gesehen geht es den neuen Arbeitgeber noch nicht einmal etwas an, wie viel Sie zuvor verdient haben. In der Regel ist beim Wechsel zu einem anderen Unternehmen ein größerer Gehaltssprung möglich als bei einer internen Beförderung. 

Die Sorge, dass sich das schlecht im Lebenslauf machen könnte, ist in der Regel unbegründet. Inzwischen ist es beinahe normal, alle paar Jahre den Arbeitgeber zu wechseln. Wichtig ist allerdings, dass ein roter Faden in Ihrem Lebenslauf erkennbar ist: Jeder Karriereschritt sollte Ihren Werdegang interessanter machen und Ihren Wert für potenzielle Arbeitgeber steigern. 

Natürlich verläuft nicht jeder Werdegang immer geradlinig. Und es ist auch völlig in Ordnung, wenn sich auf Ihrem Karriereweg Wendungen ergeben. Aber wer zu flatterhaft mal dieses und mal jenes ausprobiert, hat es schwer, den Arbeitgeber von einer konsequenten Weiterentwicklung und damit auch von einem höheren Gehalt zu überzeugen.

3. Mehr Verantwortung übernehmen

Grundsätzlich gilt: Wer mehr Verantwortung übernimmt, der verdient auch mehr. Allerdings gibt es Ausnahmen, bei denen die Gehaltserhöhung trotz Beförderung ausbleibt. Dennoch: Die Übernahme von wichtigen Aufgaben zahlt sich meistens aus – spätestens dann, wenn Sie beim Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber deshalb mehr Geld verlangen können.

Umgekehrt gilt: Wer auf Verantwortung verzichtet, der verzichtet auch auf Gehalt. Möchten Sie finanziell aufsteigen, sollten Sie Ihre Fähigkeiten erweitern, Erfahrungen sammeln und sich dann um Positionen mit besserer Bezahlung bemühen – egal, ob intern oder extern.

4. Für große Unternehmen arbeiten

Die eingangs erwähnte Untersuchung des WSI zeigt, dass die Gehälter in Großunternehmen um 9 % höher ausfallen als in mittelständischen Betrieben mit 100 bis 500 Beschäftigten. In kleineren Firmen wird im Schnitt noch einmal deutlich weniger gezahlt. Zudem ist bei großen Unternehmen die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie an einen Tarifvertrag gebunden sind. 

Der Preis für das höhere Gehalt sind häufig eine geringere Entscheidungsfreiheit und schlechtere Aufstiegschancen als bei kleineren Unternehmen. Berufserfahrung bei einem Großunternehmen macht Sie allerdings für viele andere Arbeitgeber ausgesprochen interessant. Wer im Großkonzern irgendwann auf der Stelle tritt, findet in der Regel leicht eine Alternative.

5. Örtlich flexibel sein

Die Gehälter für identische Positionen fallen innerhalb Deutschlands teilweise sehr unterschiedlich aus, das zeigt die Robert Half Gehaltsübersicht jedes Jahr aufs Neue. Grundsätzlich ist das Gehaltsniveau in den ostdeutschen Bundesländern nach wie vor niedriger. Zudem wird in ländlichen Regionen oft weniger Gehalt gezahlt als in Großstädten. Und selbst zwischen den deutschen Metropolen gibt es deutliche Unterschiede. Ein entscheidender Faktor dabei sind die Lebenshaltungskosten vor Ort.

Wer das bei der Jobwahl berücksichtigt, kann auf entsprechend höherem Niveau verhandeln. Und das womöglich sogar, ohne tatsächlich umziehen zu müssen – wenn der Job auch remote möglich ist. Allerdings zeichnet sich ab, dass Unternehmen mit der zunehmenden Verbreitung von Home-Office-Modellen in Zukunft wohl stärker differenzieren werden. Aktuelle Umfragedaten von Robert Half zeigen, dass sich 83% der Unternehmen bei Neueinstellungen in Sachen Gehalt künftig am Arbeitsort der Angestellten und den dortigen Lebenshaltungskosten orientieren wollen. 

6. Anstellungsmodell überdenken

Qualifizierte, motivierte Fachkräfte sammeln im Lauf ihrer Karriere vielfältige Fähigkeiten, Erfahrungen und Kontakte, die für Unternehmen extrem wertvoll sind. Daraus ergeben sich mit der Zeit oft gute – und vor allem profitable – Möglichkeiten, sich selbstständig zu machen. Als Freelancer oder Interim Manager verdienen Sie mit entsprechender Erfahrung und gefragten Expertenkenntnissen oft deutlich mehr als in einem Angestelltenverhältnis. Weiterer Vorteil: Sie haben einen sehr abwechslungsreichen Berufsalltag.

Meist arbeiten Sie projektbezogen und lernen dadurch viele verschiedene Unternehmen kennen. Gerade Freelancer werden für ihr dringend benötigtes Know-how sehr gut bezahlt. 

7. Mehr Gehalt fordern

Naheliegend, aber offenbar nicht allen Arbeitnehmer*innen bewusst – oder erfolgreich verdrängt: Wer mehr Geld haben will, muss das aktiv beim Arbeitgeber einfordern. Und zwar immer wieder aufs Neue. Denn von selbst wird Ihnen eine Gehaltserhöhung nur in den seltensten Fällen angeboten. Es kommt meist nur darauf an, den Mut dazu aufzubringen.

Machen Sie sich bewusst, dass Sie kein*e Bittsteller*in sind! Sie leisten gute Arbeit und die hat ihren Preis. Natürlich sollten Sie wissen, wie viel Gehalt angemessen ist. Mit überzogenen Forderungen schießen Sie sich selbst ins Aus. Mit ein wenig Recherchearbeit und guter Vorbereitung ist es aber gar nicht so schwer, in Gehaltsverhandlungen souverän aufzutreten. 

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Bildquelle: © Marcus Wallis - Unsplash.com