Nach “gut” kommt “zu gut”

Ein Bewerber, der alle in der Stellenanzeige aufgeführten Fähigkeiten vorweisen kann und sogar noch weitere, nützliche Qualifikationen mitbringt?

Klingt nach dem wahr gewordenen Traum eines Recruiters. In der Realität sieht es allerdings anders aus. Nach “gut” kommt im Personalwesen häufig nicht “besser”, sondern “überqualifiziert”. Und damit landet die Bewerbung ganz schnell auf dem Absage-Stapel.

Gerade Bewerber mit Doktortitel und Personen, die bereits höhere Positionen innehatten, trifft dieses Schicksal häufig. Klingt paradox, ist aber durchaus nachvollziehbar, wenn man einmal die Perspektive des Personalers einnimmt.

Und wenn Sie diese kennen, können Sie seine Bedenken möglicherweise mit geschickter Argumentation zerstreuen. Wer überzeugend auftritt, hat trotz Überqualifizierung Chancen auf den Job.

Was bedeutet überqualifiziert für den Personaler?

Die Gründe, warum Personalverantwortliche bei überqualifizierten Kandidaten zögern, sind vielfältig. Wenn ein Personaler von überqualifiziert spricht, denkt er höchstwahrscheinlich Folgendes: 

  • Sie sind zu teuer: Je qualifizierter ein Mitarbeiter ist, desto höher sein Gehalt. Haben Sie einen Doktortitel oder Qualifikationen, die für die ausgeschriebene Stelle nicht zwingend erforderlich sind, vermutet man womöglich, dass Ihre Gehaltsvorstellungen über dem geplanten Budget liegen.
     
  • Sie werden sich schnell langweilen: Wer so viel kann wie Sie, ist auf der ausgeschriebenen Position womöglich schnell gelangweilt und sucht sich einen neuen Job. Oder Sie sehen das Ganze sowieso nur als Zwischenlösung, bis Sie einen passenderen Job gefunden haben, so die Logik des HR-Managers. Und da der unbedingt vermeiden möchte, die Stelle schon bald wieder neu besetzen zu müssen, lädt er Sie gar nicht erst ein. Schließlich kostet ein weiterer Einstellungsprozess Zeit und Geld.
     
  • Sie bringen Unruhe ins Team: Aufgrund Ihrer Qualifikation sind Sie es gewohnt, zu führen, statt nur Anweisungen auszuführen. Da liegt die Vermutung nahe, dass Sie auch in Ihrem neuen Team das Ruder schnell an sich reißen, statt sich – womöglich jüngeren oder weniger erfahrenen Kollegen – unterzuordnen. Und selbst wenn Sie das nicht tun, könnten Sie Ihre neuen Kollegen einschüchtern. Nicht jede Führungskraft kommt damit klar, wenn Teammitglieder Ihnen in Sachen Qualifikation überlegen sind. 
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An diesen Punkten sollten Sie ansetzen und sie mit guten Argumenten widerlegen. Das ist an diversen Stellen im Bewerbungsprozess möglich.

Im Anschreiben: Bedenken entkräften

Ihr Anschreiben sollte möglichst viele Vorurteile direkt entkräften. Wer überqualifiziert für den Job ist, hat dabei zwei Möglichkeiten:

  1. Entweder sprechen Sie das Thema selbst an und liefern gute Gründe, warum Sie den Job dennoch möchten. Downshifting ist für Personaler heute kein Fremdwort mehr, aber Sie sollten Ihre Gründe offen und überzeugend kommunizieren.

    Auch wenn Sie Ihrer Karriere eine neue Richtung geben möchten, ist nachvollziehbar, dass sie erst einmal auf einer Ebene unter Ihrer bisherigen Karrierestufe einsteigen. Machen Sie klar, dass Ihnen der Verantwortungsbereich der Position bewusst ist und Sie nicht vorhaben, dessen Grenzen zu überschreiten – außer, es wird explizit gewünscht.
  2. Sie können das Problem aber auch einfach unter den Tisch fallen lassen, in dem Sie sich im Anschreiben ganz bewusst nur auf die Qualifikationen beschränken, die für den Job relevant sind.

Wird in der Ausschreibung um die Angabe eines Gehaltswunsches gebeten, können Sie Bedenken bezüglich zu hoher Kosten möglicherweise direkt abschmettern. Natürlich nur, wenn Ihre Gehaltsvorstellungen im üblichen Rahmen für die angestrebte Position liegen. 

Unsicher, welche Gehälter üblich sind? Die aktuelle Gehaltsübersicht von Robert Half hilft:

Download Gehaltsübersicht

Im Lebenslauf: Bei der Wahrheit bleiben

Fehlende Qualifikationen können Sie sich im Zweifel auch on-the-job noch aneignen, relevante Erfahrungen sammeln Sie im Lauf der Zeit von selbst. Und selbst an schwach ausgeprägten Soft Skills lässt sich arbeiten. Aber eine hohe Kompetenz werden Sie nun einmal nicht wieder los.

Manch ein Hochqualifizierter oder Akademiker versucht dieses Dilemma zu lösen, indem er sich auf dem Papier schlechter macht, als er ist. Sie verschweigen bestimmte Qualifikationen oder entfernen sogar ganze berufliche Stationen aus dem Lebenslauf. Das ist aus mehreren Gründen nicht sinnvoll:

  • Es kann ein lückenhafter Lebenslauf entstehen – der jeden Personaler skeptisch macht. Es gibt keinen schnelleren Weg auf den Abgelehnt-Stapel als offensichtliche Ungereimtheiten.
  • Sie nehmen sich die Chance, einen Job zu finden, der zu den tatsächlichen Fähigkeiten passt. Stellenbeschreibungen sind letzten Endes immer eine Zuspitzung der Anforderungen. Der Personalverantwortliche kennt das Stellenprofil hingegen im Detail und kann einschätzen, welche Qualifikationen dort nützlich sind. Überlassen Sie ihm die Entscheidung. Im schlimmsten Fall entfernen Sie Informationen, die Ihre Chancen auf die Stelle erhöht hätten. Es steht Ihnen allerdings frei, Fähigkeiten in der Bewerbung stilistisch herauszustellen, die besonders gut zur Stellenbeschreibung passen. Etwa durch eine bestimmte Reihenfolge oder Fettschrift.

Im Vorstellungsgespräch: Überzeugen

Haben Sie es bis ins Vorstellungsgespräch geschafft, schlägt Ihre große Stunde, die letzten Bedenken aus dem Weg zu räumen. Wichtig wird vor allem, dass Sie glaubhaft und schlüssig darlegen können, warum Sie den ausgeschriebenen Job wollen. Damit nehmen Sie dem Personaler die Sorge, dass Sie womöglich schon nach ein paar Monaten nach einer neuen Herausforderung suchen.

Spielen Sie mit offenen Karten und erklären Sie ehrlich, warum es zu Ihrer Bewerbung für diesen Job gekommen ist, obwohl Sie sich mit Ihrer Berufserfahrung und Ihren Qualifikationen eigentlich für höhere Positionen empfehlen. Das kann zum Beispiel der Wunsch sein, wieder stärker am operativen Tagesgeschäft beteiligt zu sein. Auch der Wunsch nach weniger Verantwortung oder weniger Reisetätigkeit kann ein legitimer Grund sein.

Zeigen Sie sich trotz Ihrer Qualifikation lernwillig und bereit, sich auch jüngeren, weniger berufserfahrenen Vorgesetzten unterzuordnen. Machen Sie deutlich, dass Ihnen die Grenzen Ihres potenziellen zukünftigen Verantwortungsbereichs bewusst sind.

Und zu guter Letzt: Zeigen Sie sich kompromissbereit, wenn das Thema Geld auf den Tisch kommt. Wahrscheinlich werden Sie Abstriche machen müssen, doch zu tief sollten Sie auch nicht stapeln. Das würde Ihren Wert zu sehr infrage stellen. Betonen Sie ruhig, dass der Spaß an der Arbeit für Sie wichtiger ist als ein hohes Gehalt.

Als zuverlässiger Personaldienstleister in Hamburg haben wir uns die Aufgabe gestellt, Sie bei Ihrer Jobsuche eingehend zu unterstützen. Unsere Expertise umfasst nicht nur Hilfe bei der Suche nach dem richtigen Job, sondern auch Beratungen zu allen Stationen des Bewerbungsprozesses und darüber hinaus. Dafür stehen wir Ihnen in ganz Deutschland zur Verfügung. Als Bewerber können Sie von uns eine persönliche, kostenfreie und individuelle Betreuung erwarten.

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