Sie haben den Bachelor-Abschluss in der Tasche? Herzlichen Glückwunsch! Viel Zeit zum Zurücklehnen bleibt Ihnen allerdings nicht: Nach dem Studium steht der Berufseinstieg an. Doch wie gelingt dieser schnell und einfach – und wie kommen Sie zu Ihrem ersten Job?
Wir haben mit zwei Experten gesprochen, die es wissen müssen: Sebastian Rudy und Christian Böhm – Division Manager bei Robert Half Finance & Accounting und OfficeTeam. Im Interview verraten sie, warum Zeitarbeit für Bachelor-Absolventen eine echte Alternative ist – und wie Sie auf dem Arbeitsmarkt punkten.
Haben Absolventen mit einem Bachelor-Abschluss überhaupt Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Sebastian Rudy: Mit dem Bachelor-Abschluss in der Tasche haben Sie in der Regel sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings sollten Sie nicht vergessen: Oft entscheidet die Praxiserfahrung darüber, ob Sie den Job bekommen oder nicht – und die fehlt vielen Absolventen.
Christian Böhm: Dem kann ich nur zustimmen. Natürlich kommt es dabei auf den jeweiligen Bereich und die Position an. Aber es zeigt sich immer wieder: Die Abschlussnote kann noch so gut sein, wenn praktische und jobrelevante Erfahrungen fehlen, wird der Berufseinstieg schwer.
Wie schaffen Bachelor-Studenten übergangslos ins Berufsleben einzusteigen? Ist Zeitarbeit eine gute Alternative?
Sebastian Rudy: Zeitarbeit ist für Bachelor-Absolventen eine gute Möglichkeit, um innerhalb kürzester Zeit relevante Erfahrungen zu sammeln – und das theoretische Wissen aus dem Studium in praktisches Wissen umzusetzen. Das hilft Bewerbern dabei, sich noch besser für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Absolventen, die wir an Unternehmen vermitteln, sind durchschnittlich drei Monate im Einsatz. In dieser Zeit lernen sie verschiedene Projekte bei den unterschiedlichsten Firmen kennen. Das hat einen weiteren positiven Nebeneffekt: Auf diese Weise finden Bachelor-Absolventen schnell heraus, was ihnen Spaß macht, welches Unternehmen - ob Start-up oder Konzern - genau das Richtige für sie ist – und worauf sie sich gezielt spezialisieren wollen.
Christian Böhm: Uns ist es wichtig, langfristig mit allen Kandidaten zusammenzuarbeiten. Dadurch haben die Bachelor-Absolventen einen Karrierepartner an ihrer Seite, der sie in und durch ihr Berufsleben begleitet – und das erfolgreich. Die Übernahmequote von Zeitarbeitskräften liegt bei 75 Prozent. Durch Zeitarbeit kommen Berufseinsteiger also sehr schnell in eine Festanstellung.
Sebastian Rudy: Ein weiterer großer Vorteil: Bei der Zeitarbeit spielt die Abschlussnote eher eine untergeordnete Rolle. So bekommen auch Bewerber mit durchschnittlichen Zeugnissen einen Fuß in die Tür.
Christian Böhm: Das stelle ich auch immer wieder fest: Personalabteilungen von Unternehmen schauen auf die Note – und wenn die nicht passt, wird der Bewerber gar nicht erst eingeladen. Das ist bei uns anders: Wir lernen die Kandidaten persönlich kennen. Dabei liegt der Fokus ganz klar auf den fachlichen und persönlichen Skills –unabhängig vom Notendurchschnitt. In erster Linie präsentieren wir Unternehmen den Menschen und dessen Fähigkeiten, nicht den Lebenslauf und Zeugnisse.
In welchen Jobs haben Bachelor-Absolventen denn die besten Einstiegsmöglichkeiten?
Christian Böhm: Wir bei Robert Half sind natürlich auf kaufmännische und Finance-Berufe spezialisiert. Allerdings kommt es nicht unbedingt auf die Branche an. Entscheidend sind die Struktur und die Größe der Unternehmen: Bei Firmen, die finanziell in der Lage sind, Mitarbeiter einzustellen, den Nachwuchs zu fördern und langfristig in Talente zu investieren, haben Bachelor-Absolventen sehr gute Chancen auf tolle Stellen.
Sebastian Rudy: Und das in allen Bereichen, denn keiner Branche geht es gerade schlecht. Im Gegenteil: Wir bewegen uns in Deutschland in Richtung eines Rekordniveaus bei der Beschäftigung.
Gilt das auch für Bachelor-Absolventen in Zeitarbeit – oder haben sie Nachteile, wenn sie sich weiter um eine Festanstellung bewerben?
Christian Böhm: Definitiv nicht. Im Gegenteil: Wenn im Bewerbungsgespräch gefragt wird, was der Kandidat schon alles gemacht hat, punkten Absolventen mit jobrelevanten Erfahrungen, die sie durch Zeitarbeit gesammelt haben. Und nicht nur das: Während der Zeitarbeit übernehmen viele Kandidaten Verantwortung und beweisen sich in verschiedenen Projekten. Diese Erfahrungen bringt niemand allein durch Praktika im Studium mit. Dazu kommt: Wenn Sie sich aus der Zeitarbeit bewerben, dann bewerben Sie sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis auf eine Festanstellung.
Sebastian Rudy: Und dann ist da noch das Thema Gehalt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Bachelor-Absolventen in puncto Verdienst hohe Ansprüche haben. Wer sein theoretisches Wissen aus dem Studium in berufliches Know-how umgesetzt hat – zum Beispiel durch Zeitarbeit – hat hier die Nase vorn: Unternehmen vergüten praktische Erfahrung.
Welche Qualifikationen müssen Absolventen mitbringen, um über Zeitarbeit erfolgreich vermittelt zu werden?
Sebastian Rudy: Auf dem Arbeitsmarkt zählen logisches Verständnis, Ehrgeiz und Pünktlichkeit. Studien zeigen: Solche Soft-Skills sind wichtig – auf ihnen basieren 70 bis 80 Prozent der Personalentscheidungen. Für Bachelor-Absolventen, die noch nicht so viel Berufserfahrung gesammelt haben, ist das eine gute Nachricht: Sie können mit ihren persönlichen Fähigkeiten punkten.
Christian Böhm: Und mit Persönlichkeit meinen wir nicht nur den offenen, extrovertierten Typ, der sich perfekt selbst vermarkten kann. Persönlichkeit ist zum Glück individuell – und von Kandidat zu Kandidat anders. Hier sind wir als Personalberater gefordert, für jeden Topf den richtigen Deckel zu finden. So sorgen wir für ein perfektes Matching zwischen Bewerbern und Unternehmen. Auf die eine Stelle passt der introvertierte, sachliche, faktische Kandidat optimal – bei einer anderen Firma ist der offene und kommunikative Bewerber genau richtig.
Was allerdings immer stimmen muss, ist das höfliche und zuvorkommende Verhalten der Kandidaten – egal, wen wir vermitteln. Dazu gehört zum Beispiel, zur Begrüßung aufzustehen und die Hand zu geben. Diese Basics müssen Sie beherrschen – sonst kann Sie das alle Erfolgsaussichten kosten.
Welche Vorteile schätzen Unternehmen an Bachelor-Absolventen – zum Beispiel im Vergleich zum Master?
Christian Böhm: Aus Erfahrung kann ich sagen: Der Master wird von den Unternehmen nicht explizit gefordert. Denn auch er ist nicht das Patentrezept für den schnellen Berufseinstieg, wenn es an praktischem Wissen und Erfahrung mangelt.
Sebastian Rudy: Der Bachelor ist eine starke Basis für Weiterentwicklung: Im Studium werden viele Bereiche abgedeckt – allerdings sind die Absolventen noch nicht so spezialisiert wie beim Master. Das schätzen viele Unternehmen. So können sie – ausgehend von einem sehr guten Grundgerüst – Talente flexibel genau in den Bereichen fördern und weiterbilden in denen sie diese brauchen. Und den Master können die Kandidaten nebenberuflich immer noch draufsetzen.
Und in welchen Jobs hat ein Master Vorteile?
Christian Böhm: Wer einen Master gemacht hat, zeigt Willen, Ehrgeiz, Selbstdisziplin und Arbeitsbereitschaft. Das kommt gut auf dem Arbeitsmarkt an. Vor allem aber gewinnt der Master an Bedeutung, wenn es um tiefergehende Spezifikationen geht. Zum Beispiel das Thema Steuern im Finance-Sektor: Wer sich durch den Master vom Bachelor hin zum Experte für Steuern weiterentwickelt hat, punktet mit Spezialwissen.
Sebastian Rudy: Vorteile kann der Master auch bringen, wenn es um leitende Positionen geht, in denen tiefergehendes Wissen gefragt ist. Die Praxis zeigt allerdings häufig: Der bessere Master-Abschluss ist kein Kriterium für Unternehmen, ob sie einen Bewerber einstellen oder nicht. Im Gegenteil: Bachelor-Absolventen mit Berufserfahrung werden Bewerbern mit Master aber ohne Berufserfahrung sogar vorgezogen.
Berufserfahrung zählt – wie verhält es sich mit dem Hochschulnamen? Und wie wichtig ist Auslandserfahrung?
Sebastian Rudy: Ein Bachelor ist ein Bachelor – egal, wo er gemacht wurde. Auslandserfahrung ist bei Unternehmen dagegen gerne gesehen – am liebsten in einem englischsprachigen Land. Viele Unternehmen sind international aufgestellt und suchen mehrsprachige Bewerber. Deshalb haben Kandidaten mit Sprachkenntnissen beste Chancen.
Vielen Dank für das spannende Gespräch!
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