Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Damit ändern sich auch die Ansprüche der Mitarbeiter. Früher war ihnen ein hohes Einkommen wichtig. Heute suchen sie eher die Work-Life-Balance. Und verlangen nach einer neuen, modernen Führung. Doch was ist das eigentlich? Ein Hype, ein Trend, eine Notwendigkeit?
Das weiß Thomas Hoffmann, Director North bei Robert Half. Selbst Führungskraft, kennt er sich mit den Anforderungen an Entscheidungsträger aus. Im Interview verrät er auch, was das Ganze mit Glück zu tun hat.
Thomas, von moderner Führung ist derzeit häufig die Rede, wenn Unternehmen leitende Positionen besetzen wollen. Warum ist das so wichtig?
Wir brauchen einen neuen Typ von Manager, weil sich sein berufliches Umfeld stark geändert hat. Das liegt zum Beispiel an der Digitalisierung, dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel. Diese und andere Entwicklungen stellen neue Anforderungen an Führungskräfte.
Wo liegen denn die Unterschiede zum Führen von einst?
Früher genügte es oft, nach dem Top-Down-Prinzip Aufgaben von oben nach unten zu diktieren. Dieser autoritäre Führungsstil versagt heute zunehmend, weil er die Bedürfnisse der Untergebenen außer Acht lässt.
Mittlerweile wissen wir: Glückliche Mitarbeiter sind die besten Mitarbeiter. Das heißt, nur wer sich im Job wohlfühlt, ist ein Gewinn für sein Unternehmen. Darauf muss moderne Führung aufbauen.
Sind damit alte Managertugenden von gestern?
Keineswegs, aber moderne Führungsstile sind heute viel komplexer. Operative Fähigkeiten bleiben zwar weiterhin unabdingbar für eine leitende Funktion, doch sie allein reichen nicht mehr. Gute Mitarbeiter motivieren, sie sowohl engagiert als auch langfristig im Unternehmen zu halten – das wird immer wichtiger.
Moderne Führung berücksichtigt die Wünsche der Mitarbeiter?
Genau. Nehmen wir zum Beispiel die Generation Y oder Z. Für diese Jahrgänge ab 1995 ist es nicht normal, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Für junge Leute hat eher die Selbstverwirklichung im Beruf einen hohen Stellenwert und weniger ein hohes Gehalt.
Stärker geht es jungen Menschen um positive Teamerfahrungen, zusätzliche, soziale Leistungen oder flexible Arbeitszeiten. Stichwort Work-Life-Balance. Da kommen Vorgesetzte mit einem autoritären Führungsstil nicht weiter.
Die haben dann ein großes Problem. Denn fühlen sich gute junge Kollegen an ihrem Arbeitsplatz nicht wohl, dann bringen sie weniger Leistung oder verlassen das Unternehmen früher oder später. So weit darf es nicht kommen.
Was ist stattdessen von modernen Führungskräften gefragt?
Deutschen Managern muss klar sein, dass ihre Mitarbeiter dann glücklich und damit besonders produktiv sind, wenn sie gerecht und respektvoll behandelt werden, stolz auf Ihr Unternehmen sind und Freiheiten im Job genießen. Ganz wichtig für eine faire, moderne Führung ist es daher, als Chef Vorbild zu sein.
So stellen wir bei Robert Half intern nur Teamleiter ein, die selbst operativ tätig sind und nicht nur delegieren. Sie müssen das leisten, was sie auch von ihren Mitarbeitern erwarten.
Gute Manager sind zudem flexibel und machen den Wandel mit. Schließlich werden die Zyklen für Strategiewechsel kürzer. Wer in der Vergangenheit verhaftet ist, der bleibt hier schnell auf der Strecke.
Und natürlich ist für eine Führungsposition ein grundsätzliches Interesse an Menschen gefordert sowie der Spaß daran, sie beruflich zu entwickeln und weiterzubringen.
Reicht das aus?
Ja und nein. Einerseits sind das zwar vielversprechende Grundvoraussetzungen, andererseits kommt es aber auch auf den konkreten Job an.
Wer zum Beispiel ein Start-up leiten soll, der muss vor allem andere begeistern und zusammenhalten können. Schließlich ist so ein junges Unternehmen ein Wagnis für alle Beteiligten, eine Investition in eine unbekannte Zukunft. Da braucht es im positiven Sinne Menschenfänger.
Bei einem Mittelständler kommt es besonders auf berufliche Erfahrung an. Wer da leiten will, muss sich in den Strukturen von KMU gut auskennen.
Großkonzerne wiederum benötigen Personen, die in vorgegebenen Strukturen arbeiten können und sich damit wohlfühlen. Konzerne bieten in der Regel mehr Sicherheit und tolle Entwicklungsperspektiven für eine Fach- oder Führungskarriere.
Wer auf viel Gestaltungsspielraum Wert legt und mit möglichst wenigen Vorgaben seine Aufgaben erledigen möchte, ist im Konzern daher nicht perfekt aufgehoben.
Woran erkennen Personaler geeignete Kandidaten?
Wir empfehlen Kunden dafür einen mehrstufigen Prozess, den wir auch selbst nutzen. Der erste Kontakt zu einem Bewerber ist ein Telefoninterview, dem folgen zwei persönliche Gespräche mit unterschiedlichen Interviewpartnern.
Daran schließt sich im Fachkräftebereich ein Probetag an, bei dem sich Kandidat und Team kennenlernen, inklusive beiderseitigem Feedback.
Wir überprüfen Referenzen genau und fragen bei früheren Arbeitgebern der Bewerber nach. Hinzu kommt gegebenenfalls ein psychometrischer Test.
Dieser Rekrutierungsprozess klingt nach einem großen Aufwand.
Stimmt. Den braucht es aber auch, um zur Kernfrage vorzustoßen: Passt ein Bewerber zum Unternehmen? Sämtliche fachlichen Fähigkeiten sind nämlich belanglos, wenn seine Persönlichkeit nicht mit der Unternehmenskultur harmoniert. Das finden wir mit unserer Methode heraus.
Und die empfehlen wir in der Regel auch unseren Kunden. Damit steigen ihre Chancen, die richtigen Leute zu engagieren. Auch das ist moderne Führung – und macht dann beide Seiten glücklich.
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