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Die derzeit hohe Inflation macht alles teurer – Monat für Monat. Und das Einkommen? Das bleibt oft gleich. Jetzt eine Gehaltserhöhung nur wegen der Inflation zu fordern, ist trotzdem keine gute Idee. Welche Strategie für einen Ausgleich zur Teuerung besser ist, erklärt Patrick Pieles, Vice President Full Time Contract Talent für Deutschland und die Schweiz bei Robert Half.

 

Gehaltserhöhung wegen Inflation – so verhandeln Sie am besten:

Mehr Gehalt wegen der Inflation: Guter Grund, schlechtes Argument

Noch nie sind im vereinigten Deutschland die Lebenshaltungskosten so schnell angestiegen wie 2022. Im Oktober rechnete die Bundesregierung für das Gesamtjahr mit einer Teuerungsrate von acht Prozent. Und hinsichtlich 2023 erwartet sie mit sieben Prozent keine wesentliche Entspannung. Für Beschäftigte bedeutet dies, dass ihr Gehalt weiterhin von Monat zu Monat weniger wert ist. Im zweiten Quartal 2022 betrug der Verdienstrückgang 4,4 Prozent, ermittelte das Statistische Bundesamt.

Statt nun den Gürtel enger zu schnallen, mag es naheliegen, zum Inflationsausgleich vom Arbeitgeber mehr Verdienst einzufordern. Doch der Hinweis auf die Teuerungsrate allein dürfte dafür oft nicht genügen. Auch wenn die Preissteigerungen das ausschlaggebende Argument sein sollten – eine Gehaltserhöhung nur mit der Inflation zu begründen, ist keine gute Strategie. Schließlich wachsen die Kosten auch für Arbeitgeber. Viel finanzieller Spielraum dürfte daher in der Regel nicht zu erwarten sein. Außerdem: Ein Inflationsausgleich über das Gehalt ist keine Pflicht. Vorgesetzte können diesen Wunsch deshalb einfach mit dem Hinweis darauf ablehnen.

Inflationsausgleich – oder mehr?

Lediglich mit der Inflation für eine Gehaltserhöhung zu argumentieren, sollte also gut überlegt sein. Für einen vollwertigen Ausgleich braucht es angesichts der prognostizierten Teuerungsrate für 2022 rund acht Prozent mehr Verdienst. Das ist relativ viel. Im Normalfall liegt die Inflation pro Jahr bei zwei bis drei Prozent. Diesen Wert jedenfalls strebt die Europäische Zentralbank (EZB) an, die für die Preisentwicklung in der Euro-Währungsunion verantwortlich ist.

Um zu erklären, was das mit Gehaltserhöhung zu tun hat, muss man etwas ausholen: Bei einer moderaten Teuerungsrate investieren die Unternehmen, weil sie auf höhere Preise und Gewinne setzen. In der Folge ziehen die Löhne und Gehälter an und die Menschen können weiterhin konsumieren. Das sorgt für ein andauerndes Wirtschaftswachstum.

Wegen dieser gewollten leichten Inflation ist es sinnvoll, in regelmäßigen Abständen – etwa alle zwei, drei Jahre – eine Gehaltsverhandlung zu führen. Damit sich das Ergebnis für einen Arbeitnehmenden lohnt und nicht nur die Teuerungsrate kompensiert, sollten wenigstens vier bis fünf Prozent mehr Verdienst gefordert werden. In der aktuellen Situation müssten es wenigstens neun bis zehn Prozent sein. Nur dann hätten Sie mehr als den Inflationsausgleich für Ihr Gehalt ausgehandelt.

Auf Ihre Leistung kommt es an

Genauso wie im privaten Bereich leiden Unternehmen unter den ansteigenden geschäftlichen Kosten. Deshalb könnte es zwar Verständnis für die Situation der Arbeitnehmenden geben und dem Wunsch nach einer Gehaltsanpassung infolge der Inflation offen gegenübergestanden werden. Wegen der eigenen angespannten Lage ist es aber wahrscheinlicher, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Anliegen abschlägt. Bessere Chancen hat jedoch, wer mehr als die Inflation als Grund für eine Gehaltserhöhung anbieten kann.

Ein gutes Argument ist etwa die persönliche Leistung, die seit der letzten Verhandlung gezeigt wurde.

Dazu zählen beispielsweise:

  • erfolgreich umgesetzte Projekte
  • mehr übernommene Verantwortung
  • eine Beförderung

Arbeitnehmende sollte sich klar machen: Auch wenn es vor allem um die Inflation geht, sollte die Forderung nach mehr Einkommen stichhaltig untermauert sein. Es bedarf also auch unter diesen außergewöhnlichen Umständen eines normalen, überzeugenden Gehaltsgesprächs.

Wie viel dabei gefordert wird, entscheidet jeder Arbeitnehmende selbst. Doch es sei empfohlen, nicht zu hoch zu pokern. Für einen realistischen Anhaltspunkt ist es sinnvoll, den Inflationsausgleich des Gehalts zu berechnen. Dabei hilft beispielsweise ein interaktiver Inflationsrechner. Wie das aktuelle Gehalt einzuschätzen ist, zeigt ein paralleler Abgleich mit einer Gehaltsübersicht.

 

Ihr Plan B: Alternativen zur Gehaltserhöhung

Trotz guter Argumentation sollten Arbeitnehmende jedoch damit rechnen, dass der Arbeitgeber keine Gehaltserhöhung zum Inflationsausgleich gewähren möchte oder kann. Damit kann das Thema beendet sein. Muss es aber nicht. Mein Rat: Geben Sie nicht auf!

Arbeitnehmende sollten daher schon vor dem Gespräch überlegen, ob es ihnen wirklich ausschließlich um mehr Geld geht. Schließlich gibt es Alternativen zur Gehaltserhöhung, mit denen sich Ausgaben senken lassen. Die Rede ist hier von sogenannten geldwerten Vorteilen. Damit lassen sich oft die konkreten, finanziellen Nachteile der Inflation ausgleichen. Dazu einige Beispiele:

  • Homeoffice, um Anfahrtskosten und -zeit zu sparen
  • Dienstwagen oder -fahrrad
  • bezahlte Urlaubstage Kinderbetreuung am Unternehmensstandort
  • betriebliche Gesundheitsförderung betriebliche Altersvorsorge
  • Flexi- oder Gleitzeitkonten

Grundsätzliches über geldwerte Vorteile und Benefits haben wir in unseren Ratgeber hier zusammengefasst: „Nie wieder unzufrieden im Job mit diesen 5 Zusatzleistungen“.

Warum aber sollte sich ein Arbeitgeber eher darauf einlassen als auf einen Inflationsausgleich per Gehalt? Ganz einfach: Wenn Arbeitnehmende mehr verdienen, entstehen den Unternehmen in der Regel mehr Lohnnebenkosten, darunter auch höhere Steuern. Viele geldwerte Vorteile jedoch gelten bis zu einem gewissen Maß als steuerfreie Arbeitgeberleistungen. Das Thema Benefits sollte also durchaus im Gehaltsgespräch angesprochen werden.

Zumal nicht nur die Steuervorteile für viele Betriebe interessant sind. In Zeiten von Krisen und dem weiterhin bestehenden Mangel an Fachkräften, sind Vergünstigungen ein gutes Mittel, um Mitarbeitende enger an sich zu binden und langfristig zu halten. Außerdem stärken sie das Image eines acht- und aufmerksamen Arbeitgebers, der sich um seine Belegschaft kümmert. Das sind wichtige Argumente im War for Talents.

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